Verkehr neu lenken: Circulation Plans für lebendige Städte

Im CIVINET-Fachforum in Aachen zeigten Städte, wie Circulation Plans Mobilität, Aufenthaltsqualität und Leben in Einklang bringen.

Wie können Städte den Verkehr lenken, ohne an Erreichbarkeit zu verlieren, und gleichzeitig mehr Raum für Umweltverbund, Sicherheit und Aufenthaltsqualität schaffen? Verkehrszirkulationspläne (Circulation Plans) sind ein hochwirksames Instrument, um genau das zu erreichen. Sie sorgen dafür, dass verkehrsmittelübergreifende Erreichbarkeit besteht, ohne innerstädtische Durchgangsverkehre zuzulassen oder falsche Anreize zu setzen.

Die Stadt Aachen begann vor vier Jahren zu diesem Zweck einen Circulation Plan zu erarbeiten – ein Konzept, um Verkehr strategisch zu steuern und Raum für mehr Lebensqualität zu schaffen. Inzwischen hat die Implementierung begonnen. Höchste Zeit, sich mit anderen Kommunen und Fachleuten über die Ziele, Wirkung, Mechanismen und Details auszutauschen!

Dafür war die CIVITAS-Stadt Aachen am 6. November 2025 Gastgeberin des Fachforums „Verkehr neu lenken: Circulation Plans für lebendige Städte“, einem Workshop im Rahmen des CIVINET im deutschsprachigen Raum. Organisiert von Mobycon kamen 17 Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, Politik und Verkehrsplanung aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden zusammen, um über neue Wege der Verkehrslenkung zu sprechen, Aachens Planung vor Ort zu diskutieren und aus Erfahrungen zu lernen.

Die Städte Aachen und Eindhoven teilten detaillierte Einblicke in ihre jeweiligen Circulation Plans, Herangehensweisen, Umsetzungsstrategien und Herausforderungen. Wolfgang Aichinger vom Think Tank Agora Verkehrswende diskutierte mit den Teilnehmenden über Möglichkeiten, veränderte Verkehrslenkung durchzusetzen und Durchgangsverkehre zu unterbinden. Während in Nachbarländern wie Belgien und den Niederlanden kamerabasierte technische Lösungen der Überwachung zum Einsatz kommen, fehlen bislang die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz solcher Technik.

Daniela Rüdel führte die Gruppe durch die Aachener Innenstadt, zeigte die Lenkungspunkte und die veränderte Verkehrsführung. Vor Ort wurde diskutiert, wie Übergänge, Filter oder kleine Eingriffe die Wahrnehmung verändern können. Es war der Moment, in dem Theorie zu Praxis wurde. „Kleine, sichtbare Maßnahmen können eine große Wirkung entfalten. In Aachen zeigt sich, dass Schritt für Schritt ein neues Gesamtbild entsteht – auch wenn man es anfangs nur in Ausschnitten sieht“, sagt Daniela Rüdel.

Mobycons Verkehrsplaner Robin van der Griend stellte Erfahrungen mit Circulation Plans aus Gent, Groningen und Houten vor und sagte: 

„Es ist enorm wichtig, dass die Menschen die positiven Effekte sehen können, die ein Circulation Plan bringt. Die Verkehrsmaßnahmen des Plans sollten mit der Gestaltung des gewonnenen Raums verknüpft werden. Placemaking ist das Stichwort – sowohl im Straßenraum als auch in der Außenkommunikation.”

Erik van Hal war Vordenker bei der Entwicklung von Eindhovens Circulation Plan, der ebenfalls in den kommenden Jahren schrittweise umgesetzt wird. Eindhoven rechnet mit starkem Wachstum der Bevölkerung bis 2040 – von derzeit 250.000 auf 300.000 und 40.000 neuen Wohnungen. Um in der wachsenden Stadt innerstädtische lebenswerte Räume zu erhalten und zu schaffen, braucht es Flächen. Mit Hilfe des Circulation Plans kann Verkehrsraum effizienter genutzt werden. Erreichbarkeit wird verbessert, Verkehrsfläche wird reduziert und öffentlicher Raum für andere Nutzungen gewonnen. Zum Beispiel sollen fünf neue Plätze mit Aufenthaltsfunktion entstehen.

Erik van Hal sagte im Workshop: „Wir sprechen nicht über Verkehrsbeschränkung, sondern über mehr Komfort, Sicherheit und Atmosphäre in der Stadt.“ Die externe Kommunikation ist dabei ebenso wichtig wie herausfordernd. Die Maßnahmen eines Circulation Plans sollten sichtbar, erlebbar und positiv kommuniziert werden – sie sollen neue Möglichkeiten eröffnen, nicht Einschränkungen betonen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan.

In einem Planspiel entwickelten die Teilnehmenden Ideen, wie die Geschichte des Circulation Plans erzählt werden kann: Flächen neu verteilen, Durchgangsverkehr reduzieren, Stadtgrün fördern, Aufenthaltsqualität sichtbar machen. Denn jede Veränderung braucht eine gute Geschichte – eine, die erklärt, warum sie das Leben in der Stadt besser macht.

Das Fazit des Tages: Ein Circulation Plan ist nicht als eine verkehrstechnische Intervention zu verstehen. Ein Circulation Plan ist ein Prozess, der Stadtentwicklung, Mobilität und Kommunikation miteinander verbindet. Mit etwas Abstand betrachtet sind die übergeordneten Ziele in allen Städten mehr oder weniger die gleichen – weniger Verkehr, mehr Lebensqualität. Die Frage ist aber: Wie erzählen wir die Geschichte?

Benötigt Ihre Stadt Unterstützung bei der Entwicklung eines Circulation Plans? Dann kontaktieren Sie uns, um zu erfahren, wie Mobycon Sie dabei unterstützen kann.

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