Konferenz / Radfahren

Eine Woche auf der Velo-city-Konferenz: Rückblick 2024 

Vom 19. bis 21. Juni war Mobycon auf der Velo-city-Konferenz 2024 in Gent, Belgien. Dieses Jahr moderierten und sprachen Dagmar Köhler (Strategieberaterin) und Robin Kleine (Mobilitätsberater) auf Podiumsdiskussionen, während Anna Wyner (Beraterin für nachhaltige Mobilität) und Robin van der Griend (Berater für nachhaltige Mobilität) Mini-Mobycon Academy Workshops an unserem Stand durchführten! Unser Team genoss auch die ganzen anderen Aktivitäten rund um die Konferenz, einschließlich einer großen Fahrradparade, Networking-Events, Fahrradexkursionen und mehr! Lesen Sie weiter für einen ausführlichen Bericht aus der Sicht unserer Teammitglieder!  

Robin Kleine

Robins Favoriten der Velo-city 2024: 

Es war eine Woche voller interessanter Vorträge, Diskussionen und Begegnungen. Obwohl es mein erstes Mal bei der Velo-City war, fühlte ich mich sofort willkommen und wohl. Ich genoss es, sowohl alte Freund*innen wiederzusehen als auch neue Menschen kennenzulernen, die sich leidenschaftlich für die Verbesserung der örtlichen Radfahrbedingungen einsetzen. Sowohl die Sessions als auch die Networking-Events waren sehr wertvoll, wir teilten Ideen und lernten voneinander. Ich verließ Gent mit viel neuem Wissen, Kontakten und Inspiration im Gepäck, um meine Arbeit bei Mobycon und mit dem MegaBITS-Projekt fortzusetzen. 

Der Einfluss der Medien

Einer der Vorträge betonte, wie sehr die Medien die Sichtweise der Menschen auf Veränderungen im urbanen Raum beeinflussen. Meine Erkenntnis ist, dass wir proaktiv sein müssen und sicherstellen sollten, dass unsere Gründe für die Implementierung von Fahrradinfrastruktur gut kommuniziert werden, da negative Berichterstattung leicht dominieren kann. Forscher*innen zeigten, wie diese Mechanismen funktionieren, und betonten die Bedeutung von Erzählungen und Kommunikation, einschließlich der Rollen von Polizei, Medien und Politiker*innen. 

Eine weitere Sitzung, die ich besuchte, stellte ein Open-Source-Tool zur Bewertung der Fahrradfreundlichkeit (und Fußgängerfreundlichkeit) vor. Ich habe vor mir dieses Tool genauer anzusehen und zu überlegen, wie es bei meiner Arbeit am MegaBITS-Projekt und bei Mobycon genutzt werden kann. Es ist spannend, Teil eines so großen Wissensaustauschs wie bei der Velo-city zu sein. 

MegaBITS-Mania

Ich hatte das Glück, das Projekt MegaBITS und die Provinz Overijssel dieses Jahr zu vertreten. Zusammen mit imec habe ich drei technisch ausgerichtete Exkursionen durchgeführt, die den Teilnehmern ermöglichten, die Infrastruktur und Technologie in Gent zu erleben, und am Ende gab es sogar ein MegaBITS-Quiz. Die Exkursionen ermöglichten es uns, neue Technologien wie Citizen Science-Projekte und Radzählstellen zu sehen, die alle Anwesenden inspirierten.  

Unsere Sitzung über Floating Bike Data war mit rund 70 Teilnehmenden sehr erfolgreich. Danke an CIE für die Organisation und Moderation dieser Sitzung und an die Gemeinde Enschede, Vianova und Strava für ihre Teilnahme. 

Die Unterstützung für das Smart-Pedal-Projekt war sehr interessant und ist vielversprechend für die weitere Einbeziehung von Daten und IVS zur Verbesserung des Radverkehrs in der Zukunft. 


Dagmar Köhler

Einige von Dagmars Favoriten der Velo-city 2024: 

Frauen im Radverkehr stärken 

Während die Velo-city als die inspirierendste Konferenz für die gesamte Radverkehrsbranche bekannt ist, war es in diesem Jahr ein besonders wichtiger Moment für Frauen, ihre Vernetzungen zu stärken. Vor drei Jahren gründeten fünf Organisationen, darunter die European Cyclists’ Federation, Cycling Industries Europe und Mobycon, „Women in Cycling“, um Frauen im Radverkehrssektor zu vernetzen und gemeinsam mehr Sichtbarkeit und Einfluss zu erreichen. Dieses Jahr bot die Velo-City die Gelegenheit, Ziele, Visionen und Aktivitäten während der parallelen Session „Women in Cycling: Bringing Diversity to the Cycling Sector“ zu reflektieren. 

Ich hatte die Ehre, diese gut besuchte Sitzung als Moderatorin zu leiten. Ich nutzte die Gelegenheit, uns daran zu erinnern, dass Claudia Goldin im letzten Jahr den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für ihre Forschung zur Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt erhalten hat. Frauen in bezahlten Jobs haben nicht nur individuelle, sondern auch strukturelle und gesellschaftliche Auswirkungen auf alles, von Budgetzuweisungen bis hin zu Wertesystemen und den Überzeugungen der nächsten Generation. Während Ökonomen dieses Thema auf der größten Bühne anerkannt haben, ist es an der Zeit, dass wir den Wandel im Radverkehrssektor voranbringen. 

Die scharfsinnigen Köpfe und wunderbaren Persönlichkeiten Itsy Alveano, Melissa Bruntlett, Isabell Eberlein und Caroline Van Renterghem waren Teil dieser renommierten Session. Zusammen mit einem bunt gemischten Publikum reflektierten wir über wir über Frauen, die regelmäßig Fahrrad fahren, Frauen, die Fahrräder entwickeln, und Frauen in Führungspositionen. 

Am Abend davor gab es ein Women in Cycling (WiC) Network-Event, bei dem die neusten nationalen WiC-Netzwerke aus der Schweiz und Deutschland vorgestellt wurden. Auf dem Event haben sich auch erste Interessierte für Netzwerke in Dänemark, der Türkei und darüber hinaus, gefunden. 

Kein Platz für Speed-Pedelecs? 

Warum sind nur 20 % der Speed-Pedelec-Nutzenden in europäischen Ländern weiblich? Diese Frage wurde sich in der Session 6.4, „Kein Platz für Speed-Pedelecs?“, gestellt. Speed-Pedelecs sind elektrische Fahrräder, die Geschwindigkeiten von bis zu 45 km/h erreichen können, und der durchschnittliche Nutzer ist ein mittelalter Mann, der zur Arbeit pendelt. Mobycon führte eine Studie durch, die die Regeln und Vorschriften für Speed-Pedelecs in fünf Ländern verglich, und ich hatte das Vergnügen, einen Überblick darüber zu geben, wo auf der Straße (oder dem Radweg) Speed-Pedelecs in den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz, Dänemark und Belgien fahren. 

Nach Beiträgen von Jan Pelckmans (Flandern), Michael van Eggermond (Schweiz) und Martina Lohmeier (Deutschland) diskutierten wir mit den Teilnehmenden das Potenzial für eine Modalsplit-Verlagerung weg vom Auto und wo sie auf der Straße fahren sollten. Ich fragte mich, ob das erwartete Nutzerverhalten von Speed-Pedelec-Fahrern ihre Regulierung bestimmt – oder ob ihre Regulierung bestimmt, wer sich entscheidet, Speed-Pedelecs zu nutzen? Wir werden dies am 19. September weiter erkunden, wenn wir zwischen Konstanz und der Schweiz mit Fachleuchten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz auf Speed-Pedelecs unterwegs sind. Die Anmeldung ist offen – mehr Informationen hier


Robin van der Griend

Robins wichtigste Erkenntnisse: 

Velo-city ist immer ein so positives Erlebnis. Für mich ist es großartig, so viele alte und neue Freunde zu treffen, die alle daran arbeiten, wie Radfahren zu lebenswerteren Orten beitragen kann. Ich erinnere mich, dass es bei meinem ersten Besuch einen enormen Motivationsschub gab. Die Treffen, manchmal formal und manchmal spontan, führen zu einem großen Wissensaustausch und neuen Ideen für die Zusammenarbeit. Ich freue mich darauf, diese anzugehen. 

Der „berühmte“ Circulation Plan von Gent

Da diese Velo-City-Konferenz in Gent stattfand, haben wir viel über den berühmten Circulation-Plan gehört und gesehen, der vor einigen Jahren in Gent umgesetzt wurde. Gent hat es geschafft, den Anteil der Zufußgehenden und Radfahrenden durch die Implementierung von Modalfiltern in den Stadtgebieten innerhalb des inneren Rings signifikant zu erhöhen. 

Diese bestehen hauptsächlich aus Placemaking-Elementen kombiniert mit einer ANPR-Kamera. Autos können nicht mehr direkt durch die Innenstadt fahren, können aber bei Bedarf weiterhin das Ziel erreichen. Der große Wandel weg vom Auto hat zu einer attraktiveren und lebenswerteren Innenstadt geführt. Sicherlich waren einige Straßen noch ziemlich autoorientiert, da sie noch nicht umgestaltet wurden (noch nicht). Aber die Ergebnisse sind dennoch beeindruckend und in den meisten Straßen ist es eine Freude, mit dem Fahrrad herumzufahren. Ich nahm an einer der Exkursionen teil, die von der Stadt Gent organisiert wurden. Es war interessant, mehr über die Umsetzung zu erfahren und den Einfluss der Planung aus erster Hand zu sehen. 

Mobycon Academy Mini-Workshops

Dieses Jahr organisierten wir eine Reihe von Mini-Workshops an unserem Stand. Einer, bei dem die Teilnehmenden eine Straße mit Streetsketch neugestalten konnten, und einer, bei dem wir erklärten, wie man einen Kreisverkehr mit geschützter Fahrradinfrastruktur gestaltet. Für beide Mini-Workshops nutzten wir lokale Beispiele aus Gent. Diese Mini-Workshops kamen gut an. 

Die Holzvorlage, die wir für den Kreisverkehr-Mini-Workshop mitbrachten, ermöglichte es, schnell einen Kreisverkehr mit geschützter Fahrradinfrastruktur zu zeichnen und gleichzeitig die Prinzipien hinter dem Design zu diskutieren. Und es gab eine kleine Belohnung für diejenigen, die es richtig gemacht haben. Wenn Sie nicht die Chance hatten, teilzunehmen, und auch an einem solchen Workshop interessiert sind, schreiben Sie mir gerne. Wir organisieren gerne einen Workshop für Sie! 

Feiern in Gent 

Gent hat die Velo-City Konferenz dieses Jahr wirklich großartig organisiert. Das Velodrom am Veranstaltungsort war etwas Besonderes und es gab während der gesamten Konferenz viele lokale Leckereien und Zeit zum lachen. Die Mastel-Gebäcke wurden sogar live in der Konferenzhalle zubereitet. Die Fahrradparade dieses Jahr war außergewöhnlich, mit viel Unterhaltung entlang der Strecke und sogar einem inszenierten „Anti-Fahrrad“-Protest als Rückblick auf den Widerstand, den der Circulation-Plan ursprünglich hervorrief (heute unterstützen die meisten Menschen und Unternehmen den Plan – siehe: Evaluierungsbericht). Es war eine Feier nicht nur für die Teilnehmenden der Konferenz, sondern auch für die Menschen in Gent. Ich blicke auf eine aufregende Woche voller Möglichkeiten zurück und bin gespannt auf mein nächstes Mal in Gent.  


Anna Wyner

Annas Perspektive: 

Ich habe im Februar 2022 bei Mobycon angefangen zu arbeiten und seitdem eng mitgearbeitet und unsere Teams auf die Teilnahme an der Velo-city in den Jahren 2022 und 2023 vorbereitet, wenn auch etwas neidisch. Es klang nach dem „Place-to-Be“, wenn man im Bereich des Radfahrverkehrs arbeitet, und ich habe es mir vorgenommen beim nächsten Mal teilzunehmen – und dieses Jahr ist es endlich passiert! Und lasst mich euch sagen, es ist den Hype wert! Dies war die größte Velo-city überhaupt, mit über 1600 Teilnehmenden aus der ganzen Welt. Jeden, den ich traf, war aufgeregt, dort zu sein, und strahlte eine wirklich erfrischende positive Energie aus. Die Arbeit im Bereich nachhaltige Mobilität kann manchmal ermüdend sein, aber es war großartig, von so vielen Menschen umgeben zu sein, die leidenschaftlich daran arbeiten, zu verändern, wie Menschen sich fortbewegen, und nachhaltigere, gerechtere und zugänglichere Städte zu bauen. Ich verließ die Konferenz mit neuer Energie.  

Eine mutige neue Welt für das Radfahren

Die Konferenz begann mit einer inspirierenden Plenarsitzung, bei der Janette Sadik-Khan die „mutige neue Welt für das Radfahren“ vorstellte. Eine Fahrradwelt, die nicht mehr von Städten wie Kopenhagen und Amsterdam dominiert wird, sondern in der Städte, wie Paris sich schnell „von der Stadt des Lichts zur Stadt der Fahrräder“ verwandeln. In London übersteigt die Anzahl an Menschen auf Fahrrädern sogar die Anzahl an Menschen in Autos. Abschließend erinnerte sie alle daran, dass der Bau von Fahrradinfrastruktur nichts Neues ist und dass „es nicht eine Frage der Ingenieurwissenschaft ist, sondern eine Frage der Vorstellungskraft“. Für den Rest der Konferenz hörte ich inspirierende Geschichten darüber, wie Städte weltweit ihre Straßen neugestalten und große Fortschritte machen, um fahrradfreundliche, nachhaltige, zugängliche und gerechte Orte zu werden.

Bau breiter getrennter Fahrradwege 

Das zweithäufigste Thema, das ich während der Konferenz hörte, war die Bedeutung des Baus breiter getrennter Fahrradwege. Wir sehen eine Vielzahl neuer Fahrzeuge auf unseren Straßen, die unterschiedliche Größen haben und unterschiedliche Geschwindigkeiten fahren. Wenn wir ein inklusiveres Fahrradsystem schaffen wollen, in dem beispielsweise Speed-Pedelecs, spezialisierte Dreiräder und manuell betriebene Fahrräder sicher und komfortabel gemischt werden können, müssen wir überdenken, wie wir unsere Straßen gestalten. Um diesen Fahrzeugen das sichere und komfortable Fahren auf unseren Straßen zu ermöglichen, können Städte entweder den Verkehr verlangsamen, durch Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und Netzwerkplanung und so allen ermöglichen sicher und komfortabel unterwegs zu sein, oder breitere getrennte Fahrradwege bauen. Wie dies geschehen sollte, wurde in vielen Sessions debattiert, und es gab keine klare Antwort, aber diese Interventionen sollten an den lokalen Kontext der Stadt und die Menschen, die die Straßen nutzen, angepasst werden.

Ghentify: Verbesserung des Lebens durch Mobilität 

Filip Watteeuw, der stellvertretende Bürgermeister von Gent, sprach während der zweiten Plenarsitzung, wo er den Begriff „Ghentify“ vorstellte. Es ist ein Begriff, der als Ergebnis des Erfolgs des Verkehrsverkehrsplans von Gent 2017 entstanden ist, der darauf abzielt, den Durchgangsverkehr durch das Stadtzentrum zu unterbinden. Während unserer Woche in Gent konnten wir die unglaubliche Transformation der Stadt erleben, wo es schöne öffentliche Plätze gab und Menschen jeden Alters überall Fahrrad fuhren. Gent erinnert daran, dass man nicht überall teure geschützte Fahrradspuren braucht, um eine Fahrradstadt zu schaffen, sondern dass mit einigen gezielten Interventionen und politischen Veränderungen eine low-tech Lösung wie ein Verkehrsverkehrsplan einen großen Unterschied machen kann. 


Mobycon hatte eine phänomenale Zeit bei der Velo-city 2024! Wir haben es genossen, viele Menschen zu treffen, und freuen uns darauf, in Verbindung zu bleiben! Falls Sie uns dieses Jahr verpasst haben, hoffen wir, Sie bei der Velo-city 2025 in Danzig, Polen, zu sehen! Vergessen Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir würden uns freuen, an einem Projekt zusammenzuarbeiten und sind gespannt darauf, was wir gemeinsam erreichen können! 

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