In Berlin zeigen verschiedene Initiativen, dass der Übergang zu einer nachhaltigeren Mobilität in vollem Gange ist. Bottom-up-Initiativen, taktischer Urbanismus, die Einbeziehung der jüngeren Generationen und internationales Benchmarking spielen bei diesem Wandel eine entscheidende Rolle.
Die Temporäre Spielstraße in Berlin und das Projekt„DIY Verkehrswende selbst machen“ des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) sind Beispiele für Bürgerinitiativen auf lokaler Ebene:Projekte mit begrenztem Budget, aber konkreten Ergebnissen.
An der Temporären Spielstraße beteiligen sich Nachbarn, die eine regelmäßige Sperrung ihrer Straße für den Autoverkehr organisieren wollen, um einen geselligen Raum für Kinderspiele, Nachbarschaftskonzerte und Nachbarschaftstreffen zu schaffen. Sobald die Bewerbung akzeptiert und die logistischen Details mit der Gemeinde geklärt wurden (die temporäre Straßenschilder und Barrieren bereitstellt, um die Straße zu sperren), bündeln die Engagierten freiwillig ihre Ausrüstung und Freizeit, um das Ereignis zu organisieren. Dies findet beispielsweise an einem Nachmittag im Monat statt.
Der VCD unterstützt auch junge Menschen und Studierende bei Projekten, die mit dem menschlichen Maßstab zu tun haben: z. B. die Einrichtung von Fahrradreparaturstationen auf dem Campus, die Unterstützung von Diplomarbeiten und die Herstellung und Verwendung von Sensoren zur Messung des Überholabstands zwischen Fahrzeugen und Radfahrer*innen(Open Bike Sensor). Die Unterstützung des VCD bedeutet finanzielle Hilfe, Ausbildung und Vernetzungsmöglichkeiten für junge Menschen mit engagierten Projekten, wie uns Anika Meenken, die Koordinatorin dieses vielschichtigen Projekts, mitteilte.
Anhand dieser beiden ersten Beispiele wird deutlich, wie wichtig es ist, junge Menschen frühzeitig in gesunde Mobilitätspraktiken einzubeziehen, die dazu beitragen, nachhaltige Gewohnheiten für künftige Generationen zu schaffen.
Den Wandel greifbar zu machen, ist daher eine der zentralen Herausforderungen der Verkehrswende. Das Projekt RadBahn Berlin, geleitet von der „Paper Planes Association“ geleitet wird, zielt darauf ab, einen geschützten Radweg unter der Hochbahnlinie U1 zu schaffen. Sie zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger nachhaltigere, direktere und komfortablere Lösungen für die tägliche Mobilität anstreben. Eine Demonstrationsstation („Testfeld„) zur Einbeziehung der Öffentlichkeit ist frei verfügbar, um das Potenzial des Ortes zu zeigen.
Ein Wechsel des Mobilitätsmodells ist gut, aber ein schneller Wechsel ist besser. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club hat über sein internationales Netzwerk eine Reihe von „Best Practices“ in Form von zwei Broschüren zusammengestellt(InnoRAD und InnoRADQuick, wobei die zweite Broschüre schnell umsetzbare Lösungen bietet). Zu diesen Konzepten gehören geschützte Kreuzungen und verkehrsberuhigte Straßen nach niederländischem Vorbild, taktische städtebauliche Infrastrukturen wie in Paris (Frankreich) oder Memphis (USA) oder die „autofreien“ Tage in Bogotá und Stockholm. Die oben erwähnte Temporäre Spielstraße ist das Ergebnis des Konzepts der „Spielstraßen“, das in der Stadt London und ihrer Umgebung in großem Maßstab umgesetzt wurde.
Dirk van Schneidemesser, Soziologe am Institut für Nachhaltigkeitsforschung (RIFS), stellte uns das Graefekiez-Projekt vor. Inspiriert von Barcelonas „Superblocks“ zeigt dieses Konzept, wie durch die Verringerung des Autobesitzes und die Umnutzung des öffentlichen Raums attraktive Stadtviertel mit neuen Nutzungsmöglichkeiten für Parkplätze entstehen können.
Die geteilte Mobilität in Berlin, insbesondere über Jelbi-Stationen, bietet Alternativen zum privaten Auto. „Jelbi“ ist die Marke, unter der die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bereits mehr als 150 Stationen zur Reduzierung der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen eingesetzt haben. Diese gemeinsamen Mobilitätsstationen, die Autos, Motorroller, Fahrräder und sogar Paketabholungen in Selbstbedienung anbieten, sind sehr erfolgreich, insbesondere in der Nähe von Krankenhäusern und Universitäten. Diese Stationen ersetzen manchmal Parkplätze, insbesondere in den touristischen Gebieten. Darüber hinaus sind diese gemeinsam genutzten Verkehrsmittel in die Navigationsanwendungen integriert und werden von einigen Arbeitgebern im Rahmen der „nachhaltigen Mobilität“ angeboten.
Abschließend hat das öffentliche Innovationslabor CityLAB Berlin, das digitale Technologien nutzt, um den öffentlichen Raum besser zu verstehen, unter anderem ein dynamisches Visualisierungstool entwickelt. Dieses simuliert geteilte Fahrradströme, um die Nutzung besser zu verstehen und die Entwicklung dieses gemeinsamen Verkehrsmittels zu unterstützen.
Die verschiedenen Initiativen, auf die wir in Berlin gestoßen sind, tragen zur Verkehrswende bei, indem sie junge Menschen einbeziehen, die räumlichen Qualitäten unserer täglichen Umgebung verbessern und die Nutzer*innen durch den Einsatz von Technologie informieren und zu Verhaltensänderungen anregen. Wir arbeiten bereits mit deutschen Kommunalbehörden zusammen und hoffen, dass wir unser Fachwissen auch weiterhin mit den lokalen Akteuren teilen und uns von den guten Ideen, die in Deutschland entstehen, inspirieren lassen können!